Die Dorf-Initiative „Dorf. Land. Zukunft.“ und ihre
Projektwerkstätten (Arbeitsgruppen) „Wohnen im Alter“ und
„Nahversorgung“ hatten am vergangenen Samstag zu Studienreise
nach Barmen bei Jülich und Legden eingeladen, um Beispiele von guter
dörflicher Nahversorgung und Modelle zum Wohnen im Alter
kennenzulernen.
„ Wenn
wir in Elte genügend gemeinschaftlichen Willen aufbringen, können
wir auch unsere Zukunftsprojekte umsetzen!“ Das war der Tenor der
etwa 30 Elteraner.
Schon
die Busfahrt wurde für
einen kleinen Reflektionsworkshop über die
Erfahrungen der verschiedenen Arbeitsgruppen in Elte genutzt. Die
Teilnehmer sammelten mit ihrem Sitznachbarn Fragen, die sie von den
Projekt-Besuchen beantwortet haben wollten.
Und
so staunte Christian Klems vom Dorf-Zentrum in Barmen nicht schlecht,
als die Elteraner bei ihrem ersten Besuch mit einer Pinnwand,
gespickt mit Karten voller Fragen, in die Vortragshalle eintraten.
Das Dorfzentrum in Barmen-Jülich gilt in NRW als Vorbild für den
professionellen Aufbau von Dorfzentren. Das Dorf hat nach langer
Krise in Eigeninitiative nicht nur ein Einkaufsgeschäft für den
täglichen Bedarf wieder aufgebaut, sondern diesen Laden mit
weiteren Dienstleistungen gefüllt: Reisebüro, Internetservice,
Poststelle, Fotostation, Café und Sozialdienstleistungen (wie
Senioren-Notruf, Dorf-Infozentrale und Treffpunkt der Generationen)
wurden in einem ehemaligen Sparkassengebäude aufgebaut. Und um die
Ecke kommt der Landarzt dreimal wöchentlich zu Sprechstunden.
Das
war nicht immer so. Barmen hatte, wie viele kleine Dörfer zuvor alle
Dienstleistungen verloren und stand vor dem Scheideweg. Entweder die
Bevölkerung würde selber aktiv oder Barmen würde Wohnrandgebiet
ohne Zusammenhalt. „Ihr Dorf hat die gleichen Chancen und die
besten Voraussetzungen“, so Klems optimistisch. Er hatte sich im
Internet schlau gemacht über Elte, kannte die Nähe zu Großmärkten
in Mesum, den Emsauenradweg und die Verkehrsanbindung. „Wir sind
damals auch klein angefangen. Und der große Supermarkt ist auch nur
3 Kilometer entfernt.“ Wichtig sei es, mehrere
Unterstützungsangebote an einem Ort zu konzentrieren. Und es ginge
nicht darum, dass die Dorfbewohner nicht mehr zu Aldi und Lidl
fahren: „Wenn die Bewohner nur 10 Prozent ihrer Waren und
Dienstleistungen im Dorfzentrum einkaufen, schreibt man schwarze
Zahlen“, versprach er. Entscheidend sei in Barmen wie in Elte der
Wille und die Beteiligung einer kritischen Masse von Elteranern als
auch ein gut durchdachter Start eines solchen Projektes.
Der
nächste Schritt ist damit schon geplant: Die Initiative
Dorf.Land.Zukunft. wird zu einer Bürgerversammlung in Elte einladen,
wo Herr Klems noch einmal im größeren Kreis informiert. „Zeigt
sich auf der Bürgerversammlung, dass wir Elteraner wirklich ein
solches Zentrum wollen, starten wir den nächsten Schritt, eine
detailliertere Bedarfsanalyse“, sagt Frank Wältring Mitglied der
Initiative.
Legden
die zweite Besuchsstation der Elteraner positioniert sich als
„Zukunftsdorf im Alter“. Die Kleinstadt mit 7000 Einwohnern ist
nicht mit Elte zu vergleichen, arbeitet schon lange am Thema,
politisch eigenständig und erhält bereits Unterstützung von
regionalen Förderprogrammen. Erste Straßen im Stadtkern wurden
bereits altersgerecht umgestaltet, Seniorenwohnungen und ein
Gesundheitszentrum errichtet, ein Garten für Demenzkranke ist in
Planung.
Martina
Schrage als stellvertretende Bürgermeisterin verdeutlichte bei ihrer
Einführung, dass jedes Dorf seinen eigenen Weg finden muss. „Wir
sind in Elte ganz anders aufgestellt, haben andere Voraussetzungen,
andere Ziele“, sagte Thomas Schnellenberg von der Projektwerkstatt
„Wohnen im Alter“. Aber der Ansatz in Legden habe auch die
eigenen Vorstellungen geschärft und man wissen nun auch noch besser,
was man wolle und was nicht.
Mit
auf der Reise waren Ärzte, Altenpfleger, Bauunternehmer und
Architekten aus Elte. Noch in Legden und auf der Heimreise
schmiedeten sie weitere Pläne für das Wohnen im Alter in Elte. Am
Ende eines langen Tages waren zwar alle Beteiligten müde von den
vielen Eindrücken, doch zugleich noch froheren Mutes, den
Zukunftsweg in Elte aus eigener Kraft verwirklichen zu können.
Und
die Dorf-Reise hat auch gezeigt: macht man sich gemeinsam auf die
Suche, findet man Antworten. Und die Lust zur Planung der nächsten
kleinen Schritte. Diese werden in Elte nun in den nächsten Wochen
umgesetzt.
Margret
Kellers von der Projektwerkstatt „Wohnen im Alter“ zeigte sich
von der Studienfahrt sehr begeistert: „ Schon auf der Hinfahrt im
Bus haben wir Fragen ausgearbeitet die wir vor Ort stellen wollten,
dadurch kam mir die Fahrt gar nicht lang vor.“ Erstaunt war sie, im
Dorfzentrum in Barmen-Jülich, von Christian Klems gezeigten
Engagement der mit Hilfe seines Teams für die erhitzten Elteraner
extra eine klimatisierte Halle, Kaffee, kalte Getränke und Brötchen
organisiert hatte. „Mir ist aufgefallen das die sich richtig
Gedanken zu Elte gemacht haben. Während des Vortrags war auf jedem
der gezeigtem Power-Point Folien unser Dorf.Land.Zukunft. Logo mit
dem Schwan zu sehen, das fand ich richtig toll. Für Elte kann ich
mir deren Konzept sehr gut vorstellen. Toll fand ich auch die vielen
zusätzlichen Angebote die es im Dorfladen gab.
Das
Konzept „Zukunftsdorf im Alter“ in Legden hingegen fand keinen
Anklang bei der Elteranerin: „Das hat mir gar nicht gefallen, da
würde ich auch nicht leben wollen.“ Zwar sei in der besichtigten
Wohnung alles höhenverstellbar und altersgerecht, die Kaltmiete läge
mit 8 Euro pro Quadratmeter ihrer Meinung nach aber sehr hoch. Leider
habe sie vergessen zu fragen ob solch eine Wohnung auch vom Sozialamt
bezahlt werden würde. Als besonders negativ empfand sie die
fehlenden Gemeinschaftsräume und den meterhohen Zaun der das Gebäude
umgibt und das holprige Kopfsteinpflaster das es innerhalb des Dorfes
gäbe.
Henning
Wachsmuth empfand den Vortrag von Christian Klems vom Dorf-Zentrum in
Barmen und alles was damit zusammenhing als „hervorragend und sehr
professionell“. „Deren Arbeit von der Analyse der Infrastruktur,
bis zur Hilfe bei der Umsetzung zieht sich vom Schwarzwald bis nach
Brandenburg, das ist wirklich bemerkenswert. Das Angebot einer
solchen Analyse sollten wir in Elte auch in Anspruch nehmen.“ Zwar
hätte das seinen Preis (eine solche Analyse kostet zwischen 3000 bis
7000 Euro), wäre aber die Sache wert. Zumal man ja auch weiter
Unterstützung bei der Umsetzung des Dorfladens bekommen könne.
Angetan sei er auch von den zusätzlichen Dienstleistungen die in dem
Laden in Barmen angeboten würden. „Es gibt dort Möglichkeiten
sein Auto an - und abzumelden, kleinere Versicherungen abzuschließen
und sogar eine Reise zu buchen.“
Das
„Zukunftsdorf im Alter“ in Legden sei auf Elte nicht übertragbar,
schließlich werde das gesamte Dorf ja praktisch altersgerecht
umgestaltet. „Das Gesamtkonzept ist für Elte einfach eine Nummer
zu groß.“
Quelle: Münsterländische Volkszeitung
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