-krk-. „70
Jahre danach - Geschichten von Vertriebenen“ so heißt der Vortrag
den die kfd Elte am Donnerstag 28. September, um 20 Uhr, im
Gemeindezentrum Elte, ausrichtet. Referentin ist Christa Overesch.
Wenn Vertriebene über
die Tage der Flucht und den Neuanfang in Deutschland sprechen, wirkt
das meist nicht so, als würden
sieben Jahrzehnte dazwischenliegen.
„Manche Tage kann ich von früh bis abends nacherzählen. Je älter
man wird, desto deutlicher habe ich das vor Augen“, sagt Christa
Overesch. Die 74 Jahre alte Frau stammt aus dem kleinen Dorf Alt
Lomnitz, das heute zu Polen gehört. Als sie, am 23.August 1946,
zusammen mit ihrer Mutter, ihrer jüngeren Schwester, den Großeltern,
und dreißig anderen Dorfbewohnern in einen Güterzug gesteckt und
abtransportiert wurde, war sie gerade mal dreieinhalb Jahre alt.
„Ich hatte immer
furchtbaren Durst“, erinnert sie sich. Ihre Mutter habe sie stets
auf den nächsten Halt des Zuges vertrösten müssen, denn sie habe
ja nichts gehabt. Erst nachdem die Dampflok Wasser bekommen hatte,
hätten auch sie sich anstellen und ihre Kanne füllen dürfen. Es
sei eine sehr schwere Zeit gewesen, in der die Kinder schrien und die
alten Leute schimpften. Eines der 12 Kinder, die in dem Zug
eingepfercht waren, sei sogar an den Strapazen des Transports
gestorben.
Nach 12 Tagen Fahrt kam
der Zug im westfälischen Warendorf an. Dort gab es in einem
Pferdegestüt ein Auffanglager. Dann ging es an die Verteilung der
Schlesiendeutschen. Viele der Dorfbewohner wurden für den Ort
Beckum, die Familie von Christa Langer (so Overeschs Mädchenname)
jedoch für Rheine eingeteilt. Vom Bahnhof Rheine ging es dann mit
dem LKW nach Elte. „Viele Elteraner können sich noch gut an unsere
Ankunft erinnern und erzählen es mir heute noch“, berichtet die
Rentnerin. Darüber ist sie sehr froh: „Solange sich noch Leute
daran erinnern können, sind die vielen lieben Menschen die damals
ihr Leben im Krieg und auf der Flucht lassen mussten, nicht
vergessen!“
Wohl auch aus diesem
Grund war Christa erst noch vor kurzem zu Besuch in der Grundschule
ihres Enkels Vincent, der das Thema Flüchtlinge auf dem Lehrplan
stehen hatte. „Vincent hatte in der Schule erzählt das seine Oma
auch ein Flüchtling sei, daraufhin wurde ich von der Lehrerin
gefragt ob ich nicht über die Flucht berichten wolle“, erklärt
Overesch stolz. Es sei unglaublich spannend und interessant gewesen,
was für intelligente Fragen die Viertklässler gestellt hätten.
„Zu meiner Zeit fanden
Flucht und Vertreibung der Deutschen noch ohne mediale Begleitung
statt. Nur Zeitzeugen hüten noch all diese Erinnerungen. Und ihre
Zahl wird stetig kleiner. Ich finde es sehr wichtig das diese
tragischen Geschichten der Nachwelt erhalten bleiben und dass auch
Kinder und Jugendliche über so ein Thema sprechen“, betont
Overesch.
Wie es mit Christa und
den anderen Neuzugezogenen in Elte weiterging, und wem es zu
verdanken war, dass es nur zu wenigen Missverständnisse und
Problemen zwischen Flüchtlingen und Elteranern kam, erfahren sie bei
dem Vortrag am 28. September. Sowohl die kfd Elte, Christa Overesch
als auch die beiden weiteren Zeitzeugen Gerda Lammerskitten und
Bernhard Pohler wünschen sich, dass zu ihrer „Mission gegen das
Vergessen“, nicht nur Erwachsene sondern auch viele Jugendliche
kommen. „Wir hoffen auf eine gute Diskussion über das Thema
Flüchtlinge und die Integration früher und heute.“
Quelle: Münsterländische Volkszeitung
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